DU KENNST ES SICHER AUCH:
Ein einfach dahergesagtes „Du Schwuchtel!“ wird zum schnellen Diss nebenbei und geht schon immer viel zu oft und zu leicht über die Lippen. Dass man dabei gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit an den Tag legt, scheint selten jemanden zu stören, oder?
Sind es schlichte Ignoranz und Gleichgültigkeit, die dazu führen, dass auch Musik mit homofeindlichen Inhalten gefeiert wird? Wohl eher nicht.
Im deutschsprachigen Rap wird mittlerweile nicht nur viel zu oft mit sexistischen Phrasen gespielt, sondern auch auf klar homofeindliche Statements zurück gegriffen. Dicke Autos, Goldketten, halbnackte Frauen – das ist das gängige Bild von Rap. Die „wahre Männlichkeit“ zeigt sich hier oft über Abwertung, Macker- und Machtgehabe. Die Deutschrapszene ist nicht nur klar männerdominiert, sie hat auch ganz spezielle Vorstellungen davon, was es eigentlich bedeutet, ein Mann zu sein — zumindest in ihren Texten. So wird, was vermeintlich schlecht & schwach ist, als „schwul“ bezeichnet, Härte & Dominanz werden zur Abgrenzung genutzt. Der ein oder andere schmettert noch panisch den Hashtag „#NOHOMO“ hinterher, wenn‘s in den eigenen Lines mal um Männer-Freundschaften geht. Aber auch das heteronormative Bild der ihn begehrenden Frau, die ständig auf den Grad ihrer „ F u c k a b i l i t y “ geprüft wird und dem Mann absolut hörig ist, sorgt für diskriminierende Rollenbilder in den Köpfen. Entweder ist „Sie“ ein Sexobjekt oder aber „Kampflesbe“ – zumindest, wenn es nach einigen Macho- Mackerinnen geht.
Wir sagen: RUNTER VON DER BÜHNE, ihr homofeindlichen Vollidioten! Dahinter steckt kein blöder Witz, kein schlechter Insider und auch nichts, was man stillschweigend tolerieren darf!
Homofeindlichkeit meint in der Regel alle negativen Einstellungen gegenüber queeren Personen – also Menschen, die abseits der Hetero-Normen lieben und begehren. Sie kann sich in Vorurteilen und Abwertung, der Befürwortung von Diskriminierung bis hin zur Gewaltausübung äußern. Sie steht in einer Reihe mit z. B. Rassismus, Sexismus oder Behindertenfeindlichkeit, da auch Homofeindlichkeit bedeutet, Menschen aufgrund bestimmter tatsächlicher oder angenommender Merkmale zu diskriminieren. Als Ursache dieser gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit steht eine Ideologie der gesellschaftlichen Ungleichwertigkeit. Die Wurzeln liegen hier auch in Sexual- und Geschlechterrollennormen und in religiösen Vorstellungen. Der oft genutzte Begriff Homophobie wird mittlerweile kritisch gesehen, weil es sich in den allermeisten Fällen nicht um eine pathologische Angst (Phobie) handelt, SONDERN UM HASS.
Plump dahergesagte, homofeindliche Angriffe sind ausnahmslos immer ein diskriminierendes Statement, auch wenn viele Künstler* innen versuchen, sich mit „ICH MEIN ES DOCH GAR NICHT SO!“ herauszureden. Ja klar, ihr hasst keine homosexuellen Menschen, propagiert diese Kackscheisze aber tagtäglich. Wir fragen uns: MERKT IHR ES EIGENTLICH NOCH?!
Im Jahr 2015 zeigt der deutschsprachige Rapper Bass Sultan Hengzt zwei sich küssende Männer auf seinem Plattencover – und löst damit einen homofeindlichen Shitstorm aus. Allein dieses Beispiel zeigt, dass konservative Geschlechterrollen und der Hass auf vermeintliche „Abnormalität“ absolut keine harmlos gemeinten Floskeln, sondern ernster, ausgrenzender Mist sind! Was ist schon „normal“ und wer mischt sich hier wo ein? LIEBT DOCH, WEN IHR WOLLT! Und gebt auf Eure Sprache und euren Umgang acht.
Worte transportieren immer Inhalte und somit eine Message, und vor allem wer Öffentlichkeit genießt, sollte sich dem bewusst sein. Also denkt bitte das nächste Mal darüber nach, ob ihr jemanden abwerten wollt und ob die Worte, die ihr nutzt, tatsächlich auch das sind, was ihr ausdrücken möchtet. Im besten Fall lasst ihr ausgrenzendes oder abwertendes Verhalten aber gleich ganz – denn so ganz ohne feiert und lebt es sich doppelt so gut.
Dieser Text gehört zur Text- und Plakatsammlung über Diskriminierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Musiktexten. Insgesamt gibt es sieben davon: Zu den Themen Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Homofeindlichkeit, Ableismus und Sexismus – und darüber, was wir feiern und was wir feiern wollen. Alle Themen gibt es online als Text und als druckbares A2-Plakat zum Download. Klickt auf die Links, um zum jeweiligen Thema zu gelangen oder hole dir die ganze Sammlung.