UM EINES VORWEG ZU NEHMEN:
Rap ist bekanntlich ein Spiegel der Gesellschaft – somit ist (deutscher) Rap nicht sexistischer als der Rest der Gesellschaft. Außerdem geht‘s hier um weit mehr, als um „wacke Lauchs“ und „miese Huren“ in Möchtegern- Macho-Texten.
IN ALLER KÜRZE:
Etwas ist sexistisch, wenn dich jemand abwertet oder schlecht behandelt, weil diese Person dir ein bestimmtes Geschlecht zuschreibt. Sexismus meint eine bestimmte Form von Diskriminierung. Diskriminierung heißt, dass Menschen andere Menschen benachteiligen, unterdrücken oder ausschließen. Hier spielen häufig auch Vorurteile gegen Männer* und Frauen* eine Rolle – unabhängig davon, wie viel Wahrheit darin steckt. Sexismus kann praktisch ÜBERALL stattfinden – zum Beispiel im Alltag, in der Schule, im Beruf oder in der Werbung.
Oft merkt man das gar nicht, weil es nicht so deutlich ist oder man sich daran gewöhnt hat. Es fängt schon mit dummen Witzen oder Sprüchen über Frauen* und Männer* an. Hat schon jemand mal zu dir „Sei kein Mädchen!“ gesagt? Diese Redewendung stellt Mädchen als schwach, als nicht gut genug dar. Manchmal bekommen Frauen* auch zu hören: „Hast du schon wieder deine Tage?“ Die Person will vielleicht sagen, dass sie eine Frau für zickig hält oder genervt von ihrem Verhalten ist. Behandelt dich jemand wegen deines Geschlechts von oben herab? Spricht jemand sehr abfällig über dich und begründet es damit, dass du ein Mann* oder eine Frau* bist? DAS IST SEXISTISCH. Unfair, oder?
„HOUSTON, WIR HABEN EIN PROBLEM!“:
Auch in der Musik scheinen diese Abwertungen in sämtlichen Genres komplett okay zu sein – und da geht‘s nicht nur um Sexismus, sondern auch um sexualisierte Gewalt. Denn wenn selbst der Volksmusiker G. G. Anderson im sexuellen Kontext singt „Nein heißt ja – Wenn man lächelt so wie Du!“ dann singt er tatsächlich davon, dass er ein „Nein!“ der Person nicht akzeptiert, es als Zustimmung wertet und dann auch mal schnell an die Wäsche geht – Egal, ob mensch will oder nicht. Wir nennen es Vergewaltigung, andere klatschen ausgelassen und schunkelnd mit. dafuq?!
Aber auch im deutschen Pop & Rap wird ordentlich Scheisze verzapft. Der Rapper RIN steckt Vergwaltigungsfantasien mit Besitzansprüchen an die Frau gern mal in romantisch-anmutende Love-songs. Egal, ob ein radiotauglicher „Cro“ ganz subtil frauen*verachtende Lines ganz fluffig einsingt oder die zwei „Gangsterrapper“ Kollegah & Farid Bang in den Charts davon erzählen, „was“ sie „wie oft“ „wo hin“ ficken wollen: Sexismus gibt es wirklich immer und überall. „Echte Männer“ sind zum Beispiel nur „echte Männer“, wenn der Bizeps spannt, der Sportwagen glänzt und der Macker- Modus Level 100 nicht unterschreitet. Ansonsten werden Männer* ebenfalls schnell sexistisch abgewertet und denunziert. Die Frau* ist meist Sexobjekt – im besten Fall mit einer hohen „Fuckability“. Achja: Zum Putzen & Kochen ist sie natürlich auch bestens geeignet. Mehr nicht.
Was uns besonders auffällt?
Gebrochene Männerherzen sind offenbar Grund genug, die (ehemals) Geliebte als „verdammte Hure“ oder „miese Schlampe“ zu betiteln. So schaffen es einige Künstlerinnen tatsächlich, sexistische Sprache, manchmal sogar unter Androhung von Gewalt bis hin zum Mord, in poppig klingende Tracks zu säuseln.
Sehr beliebt scheint außerdem das „Gefügigmachen“ mit Drogen oder Alkohol zu sein, damit die Frau dann alles fein mitspielt, was er* so will. Genau so mies sind „Besitzansprüche“ wie „Die Frau* gehört mir und sie hat zu tun, was ich will!“ GEHTS NOCH?! Wie scheisze muss mensch sein, um das komplett okay und ganz normal zu finden?
Es macht wütend und traurig zugleich, wie Sexismus in der Musik als alltäglich oder sogar wünschenswert gefeiert wird. Wir sind entschieden dagegen und stehen FÜR GERECHTIGKEIT & CHANCENGLEICHHEIT. Das solltest Du auch, denn nur so ist ein solidarisches, offenes Miteinander möglich.
Unsere Kritik richtet sich gar nicht an die Künstler* innen. Sie ist eher ein Appell an Euch als Fans. Ziel ist es, dass irgendwann keiner mehr solchen schmerzhaften, sexistischen Müll feiert, denn Sexismus ist keine Party!
Dieser Text gehört zur Text- und Plakatsammlung über Diskriminierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Musiktexten. Insgesamt gibt es sieben davon: Zu den Themen Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Homofeindlichkeit, Ableismus und Sexismus – und darüber, was wir feiern und was wir feiern wollen. Alle Themen gibt es online als Text und als druckbares A2-Plakat zum Download. Klickt auf die Links, um zum jeweiligen Thema zu gelangen oder hole dir die ganze Sammlung.